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Altar St. Johann Baptist
Eching b. Landshut
2011 — 2013
Altar / Ambo / Taufbecken
Weiße Keramik

Der Entwurf der Münchener Künstlerin Susanne Wagner (* 1977) ist wesentlich von der weißen, seidig-glänzenden Raumschale des 18. Jahrhunderts und von der hochbarocken Formsprache der Gemälde in ihrer reichen Stofflichkeit inspiriert. Der Altar besteht aus einem ca. 20 m langen Band, das über insgesamt 12 Faltungen zu einem gleichermaßen kompakten wie durchlässigen Volumen aufgeschichtet wird. Das Band nimmt seinen Ausgang in einem halbkreisförmigen Bogen, der sich über das im Boden eingelassene Reliquiengrab spannt, und mündet nach zahlreichen Faltenlegungen nahtlos in der horizontalen Mensa. Die aus der gestauchten Mitte rührende, reliefartige Verdichtung verleiht dem Altarkörper eine tischartige Anmutung und erweckt darüber hinaus den Eindruck, als wirke die Kraft des Heiligen in den Altar hinein.
Der links vor der Chorstufe platzierte Ambo wiederholt das Formprinzip in aufgerichteter Weise, so dass zum Kirchenschiff hin eine geschlossene Front entsteht, während die Seitenansicht die hintereinander stehenden Faltenwindungen sichtbar macht. Wieder „entfaltet“ sich – einer Buchrolle gleich – ein nahtloses Band vom Fuß des Ambos bis in die Buchauflage hinein.
Den dritten liturgischen Schwerpunkt setzt der Taufstein im Mittelgang unmittelbar unter dem großen, barocken Heilig-Geist-Loch, das den einzigen Stuckdekor im Langhaus darstellt. Zwei leicht asymmetrisch gegen einander gestellte Scheiben suggerieren fließendes Wasser und weisen den Weg zum Altar im Sinne der sakramentalen Zusammengehörigkeit von Taufe und Eucharistie. Eine mittels Seilzug aus dem Heilig-Geist-Loch herabsenkbare Taube unterstreicht die in der Taufe Jesu im Jordan beschriebene Gegenwart des Heiligen Geistes. Die herausgehobene Stellung des neuen Tauforts trägt dem Patrozinium der Kirche – St. Johann Baptist – in besonderer Weise Rechnung und ermöglicht zugleich eine würdige Tauffeier im Angesicht der Gemeinde.
Als Material für Altar, Ambo, Taufstein und Heilig-Geist-Taube dient erstmals massive weiße Keramik. Die ca. 5 cm starken Bahnen aus Ton bilden in den Faltenlegungen, bedingt durch die verdrängte Masse, leichte Ausstülpungen, die den Formen plastische Spannung verleihen und in ihrer Stofflichkeit auf die Gewanddrapierungen in den barocken Gemälden Bezug nehmen. Die für den Scherben charakteristische, offenporige Oberflächentextur verschwindet nicht unter einer Glasur, sondern bleibt in seiner feinen Haptik bewusst erhalten. Der dezente Glanz der Keramik korrespondiert mit der feinen Kalkglätte der Raumschale. Schließlich tritt die unverfälschte Keramik in einen geistreichen Dialog mit dem Stuckmarmor der Ausstattung, der ebenfalls aus einem weichen Material aufgebaut ist, aber ein massives – Stein – vorgibt.
Gegenüber den weich fließenden Formen der liturgischen Orte sind die Sedilien und das Kirchengestühl (Entwurf Leonhard Wechs) dezidiert schlicht, orthogonal und klassisch dunkel gehalten (geräucherte Eiche), um nicht in Konkurrenz zu deren Besonderheit zu treten. Eine Mittelstellung nehmen die ebenfalls von Susanne Wagner entworfenen Leuchter (Altarleuchter, Akolythen, Osterleuchter) ein, indem sie die dunkel geräuchterte Eiche mit der geschwungenen Form verbinden.
Die neue liturgische Ausstattung greift barocke Gestaltungsprinzipien auf, erweist ihnen ihre Referenz und übersetzt sie in eigenständige, plastisch autonome Formen. Darüber hinaus weist das Material Keramik unprätentiös in die Entstehungszeit der Echinger Kirche, als Fayence und Porzellan in Blüte standen, und erinnert beiläufig an die Jahrhunderte lange Tradition des Landshuter Raums als bedeutende Produktionsstätte keramischer Erzeugnisse.

Alexander Heisig