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Sigrid
lackierte Keramik
2018
mehrteilig, Dimensionen variabel
je 40cm x 40cm x 10cm

Die Auseinandersetzung mit der Rolle der Frau durchzieht Susanne Wagners Arbeiten der letzten Jahre, wenngleich sie dies nicht notwendig auf den ersten Blick vermitteln. Sigrid (2018), eine Gruppe von Keramik-Tomaten, die an der Wand zerplatzt und ausgelaufen zu sein scheinen, verweist auf ein Schlüsselmoment der zweiten feministischen Welle der späten 1960er-Jahre. Als die Filmemacherin Helke Sander im Herbst 1968 bei einer Diskussion des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) in Frankfurt zu sprechen verlangte, ohne sich vorher angemeldet zu haben, musste die titelgebende Sigrid Rüger erst mit einem Buttersäureanschlag drohen, bevor man Sander dieses Recht zugestand. Nach ihrer Rede griff Rüger – in Reaktion auf mangelnden Respekt gegenüber der Rednerin – zu Tomaten und bewarf damit den damaligen Vorstand des SDS, Hans Jürgen Krahl. Wenngleich die Linke der faschistischen Elterngeneration gemeinschaftlich den Kampf angesagt hatte, lebten patriarchale Strukturen auch innerhalb der vermeintlich avancierten Kreise des SDS fort. Die selbstsicheren Männerbande zu stören, war eindeutig Ziel von Rügers Aktion.

Patrizia Dander